Nachfolgend die Reden der Sprecher*Innen des Initiativkreises.
Kerstin Janneck
Liebe Freundinnen und Freunde der Erde, mein Name ist Kerstin Janneck, ich bin eine der Sprecherinnen der Initiative und möchte Sie recht herzlich zu dieser Kundgebung begrüßen.
Im April 2021 hat der Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossen, dass aus dem bisher landwirtschaftlich genutzten Mittelhahntal ein Gewerbegebiet werden soll.
Das Ganze wäre wahrscheinlich sang und klanglos über die Bühne gegangen, wenn der NABU und der BUND nicht beschlossen hätten, etwas dagegen zu unternehmen. Am Anfang waren wir nur wenige – heute sind wir viele. 29 unterschiedliche Institutionen, Vereine und Parteien unterstützen uns. Innerhalb eines halben Jahres haben wir es geschafft, mehr als 4.200 Unterschriften für einen Einwohnerantrag zu sammeln. Und heute stehen wir hier und werden gemeinsam mit Ihnen dies Unterschriften an Oberbürgermeister Adolf Kessel übergeben.
Bei Führungen, Informationsveranstaltungen und an zahlreichen Infoständen haben wir die Menschen über das Vorhaben informiert und großen Zuspruch erfahren. Viele waren fassungslos, dass man in Zeiten von Klimakatastrophe und Hungersnöten 42 Hektar besten Ackerbodens versiegeln möchte. Dagegen wehren wir uns – unter anderem mit dem Mittel eines Einwohnerantrages. Zwei Prozent der Wormser Bürgerinnen und Bürger müssen dafür unterschreiben – wir haben fünf Prozent hinter uns versammelt. Das ist eine tolle Leistung. Dafür möchten wir uns bei allen Aktiven bedanken und natürlich auch bei den unterstützenden Organisationen und bei den mehr als 4.200 Menschen, die ihrer Unterschrift gleistet haben.
Michael Leukam
Liebe Freundinnen und Freunde der Erde, mein Name ist Michael Leukam und ich bin Vorsitzender des BUND Worms und einer der Sprecher der Initiative
Ich möchte Ihnen gerne unsere Argumente gegen das Gewerbegebiet vorstellen:
- Die Klimaerwärmung führt zu einer Aufheizung der Innenstädte. Laut dem „Klimakonzept Innentwicklung“ der Stadt Worms ist das Gebiet wichtig für die Frischluftentstehung und für die Frischluftzufuhr und sollte deshalb nicht bebaut werden. So steht es dort schwarz auf weiß. Im Stadtratsbeschluss selbst bewerten die Fachabteilungen der Stadt die Auswirkungen des geplanten Gewerbegebietes für den Klimaschutz, für die Anpassung an den Klimawandel und für das Stadtklima dreimal negativ. Liebe Freundinnen und Freunde der Erde: Man kann sich nicht als Stadt für sein Klimakonzept feiern lassen und gleichzeitig eine der wichtigsten Klimaanlagen von Worms zerstören. Das ist zutiefst unglaubwürdig.
- Das Mittelhahntal liegt nur 1.000 Meter vom Dom entfernt. Mit einer Bebauung würde die Frischluftzufuhr in die Innenstadt erheblich beeinträchtigt werden. Aktuelle Studien der WHO und des Robert-Koch-Instituts belegen: Hitze tötet tausende von Menschen. Wer dazu beiträgt, dass die Hitzelast in der Innenstadt zunimmt, macht sich mitschuldig an Leid und Tod von vielen Menschen. Vor allen Dingen Ältere, Kleinkinder und sozial schwache Menschen werden darunter zu leiden haben. Auch dies ist keine Behauptung von uns, sondern ist so in einer von der Stadt beauftragten Studie mit dem Namen „Hitzevulnerable Stadtgebiete“ nachzulesen.
- Jeden Tag werden in Deutschland 50 bis 60 Hektar Land versiegelt. Im Schnitt der vergangenen 20 Jahre wurden in Worms rund 11 ha pro Jahr für Gewerbe verbraucht. So steht es im aktuellen Flächennutzungsplan. Die Karten des Landesamtes für Geologie belegen, dass die Böden im Mittelhahntal von höchster Qualität sind. Der Krieg in der Ukraine zeigt, dass Nahrungsmittel als Waffe eingesetzt werden können. Daher darf wertvoller Ackerboden nicht weiter versiegelt werden.
- Jeden Tag sterben auf dieser Welt 140 Tier- und Pflanzenarten aus. Auch in Deutschland sind immer Arten vom Aussterben bedroht. Das Artensterben ist nach dem Klimawandel die größte Bedrohung der Menschheit. Im Mittelhahntal leben viele Tierarten wie Hasen, Rehe, Fasane, Rebhühner und Lerchen. Diese würden ihren Lebensraum unwiederbringlich verlieren.
- Wir alle wissen, wie wichtig Bewegung in der Natur für Körper und Geist ist. Wir alle wissen, wie schön es ist, sein eigenes kleines Gärtchen zu habe. All dies steht auf dem Spiel: Spaziergänger, Jogger und Hobbygärtner würden einen wichtigen Naherholungsraum verlieren.
- Immer wieder ist zu hören, dass im Mittelhahntal keine Logistiker, sondern Startups angesiedelt werden sollen. Logistiker brauchen große, zusammenhängende Flächen mit guter Autobahnanbindung. Startups hingegen brauchen bestehende Gebäude, kleine Flächen und vor allen Dingen eine exzellente digitale Infrastruktur. Man muss kein Experte sein, um zum eindeutigen Schluss zu kommen: Das Mittelhahntal wäre besonders für Logistiker geeignet. Mit deren Ansiedlung aber würde die Lärm-, Immission- und Verkehrsbelastung im eh schon belasteten Wormser Süden weiter zunehmen.
Marco Lenck
Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Marco Lenck und ich bin einer der drei Sprecher der Initiative.
Wir wurden des Öfteren mit dem Vorwurf konfrontiert, dass wir mit unserem Protest die Ansiedlung von Startups verhindern und wir der ökonomischen Entwicklung der Stadt schaden würden. Um es klar zu sagen, wir sind nicht gegen eine Weiterentwicklung der Stadt. Wir kritisieren aber eine phantasielose Wirtschaftspolitik, die als einziges Instrument die Ausweisung neuer Flächen kennt.
Wir möchten an dieser Stelle ein paar Denkanstöße für eine andere Wirtschaftspolitik geben:
- 30 Jahre lang hat man großflächig Gewerbeflächen ausgewiesen und trotzdem ist die Stadt in einer prekären Situation. Wieso brechen trotzdem die Gewerbesteuereinnahmen ein? Müsste man nach 30 Jahren die bisherige Strategie nicht überdenken?
- Die Stadt hat laut Flächennutzungsplan noch über 80 Hektar freie Flächen. Diese Flächen sind zum Teil nicht ideal – das ist richtig. Aber mit etwas Fantasie kann man trotzdem vieles daraus machen. Z.B.: Rund um das Klärwerk gibt es 24 Hektar Fläche, die aufgrund der Geruchsbelastung schwer vermittelbar sind. In Darmstadt hat man es geschafft durch bauliche Maßnahmen, die Geruchsimmissionen auf nahe Null zu senken. Und schon hätte man eine Fläche halb so groß wie das Mittelhahntal zur Verfügung.
- Es gibt viele mittlere und kleinere freie Flächen. Diese sind völlig ausreichend für Startups aber nicht für weitere Logistiker. Wer deshalb behauptet, wir würden die Ansiedlung eines Biotech-Unternehmens verhindern, betreibt Polemik.
- Wir sollten die Stadt Worms zu einer Wohnstadt weiterentwickeln. Damit könnten wir gutverdienende Menschen nach Worms locken, die dann auch Einkommenssteuer zahlen. Die Einkommenssteuer könnte zur wichtigsten Steuereinnahmequelle werden und der städtische Haushalt wäre damit wesentlich weniger konjunkturanfällig als heute.
- Wir brauchen eine grüne, gut belüftete und attraktive Innenstadt, um Worms zu einer prosperierenden Einkaufsstadt zu machen.
- Bei der Vergabe von Gewerbeflächen sollte zwingend auf eine gute Relation von Flächenverbrauch und Arbeitsplätze geachtet werden. Das Ziel müsste sein: hochqualifizierte Arbeitsplätze, statt noch mehr Logistikunternehmen mit riesigem Flächenverbrauch und schlechtbezahlten Arbeitsplätzen.
- Wir brauchen eine systematische Erfassung der Brachen, der Leerstände und der freien Flächen. Im Moment haben wir dies leider nicht und agieren daher ohne vernünftige Datengrundlage.
Es gibt aus unserer Sicht nur eine Schlussfolgerung: Das Mittelhahntal darf nicht bebaut werden – das verbietet sich aus den genannten Gründen und es gibt Alternativen dazu, wie ich eben ausgeführt habe.
Der Einwohnerantrag ermöglicht es, dass der Stadtrat noch einmal über den Beschluss vom 14. April 2021 berät und dass Vertreter der Initiative Klimaschutz Mittelhahntal innerhalb von drei Monaten vom Stadtrat dazu gehört werden. Wie der Stadtrat dann entscheidet, liegt nicht in unseren Händen. Wir hoffen, dass unsere Argumente gehört werden.
Wir werden jedenfalls nicht aufhören, unbequem zu sein. Wir werden das Thema Mittelhahntal in den Kommunalwahlkampf tragen und dann können die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden, wie wichtig ihnen ein gesundes und lebenswertes Worms ist.
Hilmar Kinzl
Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Hilmar Kinzl und ich habe diese Initiative mit aus der Taufe gehoben. Wir kommen jetzt zur Übergabe der Unterschriften. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister wir übergeben Ihnen hiermit unseren Einwohnerantrag mit mehr als 4.200 Unterschriften. Wir bitten Sie, den Einwohnerantrag auf Rechtsgültigkeit zu prüfen und uns innerhalb einer angemessenen Frist, die Möglichkeit zu geben, unsere Argumente im Detail dem Stadtrat.
Mittelhahntal - Übergabe von mehr al 4200 Unterschriften an OB Kessel