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Verbände befürchten Biotopzerstörung am ehemaligen Bahndamm

18. Juli 2021 | Klimawandel, Lebensräume, Mobilität, Naturschutz

Die Wormser Umwelt- und Verkehrsverbände ADFC, BUND, GNOR, NABU, Pollichia und VCD begrüßen es, dass sich fast alle politischen Parteien in Worms für den Ausbau der Radwege stark machen. Gleichzeitig kritisieren die Verbände die jetzt geforderte Versiegelung des ehemaligen Bahndamms zwischen Neuhausen und Abenheim. „Die Verbände haben am 18.06.2020 bei einer gemeinsamen Befahrung der Strecke mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Verwaltung im Konsens eine alternative Streckenführung erarbeitet. Dieser Kompromiss wird nun ohne Not aufgekündigt“, erläutert Klaus Horn.

Nach den Wünschen der Ortsbeiräte Abenheim und Herrnsheim soll der Weg auf der gesamten Länge asphaltiert werden, obwohl die Untere Naturschutzbehörde erhebliche Bedenken dagegen angemeldet hat. Gegen eine Versiegelung des Bahndamms sprechen sowohl ökologische als auch verkehrstechnische Gründe:

Die geplante Asphaltierung führt nach Einschätzung von Fachleuten zu einem irreparablen Schaden an der Natur. Der mehr als fünf Kilometer lange Bahndamm wurde bereits 1997 per Rechtsverordnung als „geschützter Landschaftsbestandteil“ unter Schutz gestellt. Das Biotop beherbergt seltene Tier- und Pflanzenarten, die akut in ihrem Bestand bedroht sind. So leben dort die nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) streng geschützte Zaun- und Mauereidechsen, seltene Wildbienen und zahlreiche Exemplare der Nachtigall. Außerdem gibt es mehrere Vorkommen der Zwergkirsche. Das „Zergkirschen-Gebüsch“ ist ein sehr seltener und stark gefährdeter Biotoptyp, der sowohl durch das BNatSchG als auch durch die europäische FFH-Richtlinie streng geschützt ist. Die Regenerierbarkeit nach Eingriffen ist bei diesem Biotoptyp fast nicht möglich. Deshalb können hier Ausgleichsmaßnahmen keinen adäquaten Ersatz schaffen. Als linienförmiges Biotop hat der Bahndamm zudem eine wichtige Vernetzungsfunktion in einer weitgehend ausgeräumten Landschaft. Der Ausbau von Straßen und Wegen ist laut der Rechtsverordnung explizit untersagt. Eine Asphaltierung würde schon in der Bauphase und auch im eigentlichen Betrieb eine erhebliche Schädigung des Biotops bedeuten. Mögliche Baumaßnahmen, falls sie denn überhaupt genehmigungsfähig wären, würden daher umfangreiche Ausgleichsmaßnamen erforderlich machen, die den Radwegbau sehr verteuerten. Bereits im Jahr 2008 haben die Verbände daher erfolgreich durch eine gemeinsame Kampagne mit Sportstudios zum Erhalt des Biotops beigetragen. Denn der Weg wird nicht nur von Radfahrer*innen sondern auch von Spaziergänger*innen, Jogger*innen und Nordic-Walker*innen intensiv genutzt, die gerade den unversiegelten Untergrund schätzen. In der Vielfalt der Nutzungen sehen die Verbände zudem eine gewisse Gefahr. Sollte der Weg, wie von Politiker*innen des Ortsbeirats Herrnsheim gefordert, auf 2,5 Meter Breite ausgebaut werden, kann es durchaus zu gefährlichen Begegnungen zwischen Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen kommen.

„Die Politik beklagt in Sonntagsreden das Artensterben. Gerne zeigt man mit dem Finger nach Brasilien, wo der Regenwald gerodet wird. Vor der eigenen Haustüre jedoch haben die gleichen Politiker*innen keine Skrupel, zum Artensterben beizutragen. Klima- und Artenschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, wie dies hier gerade geschieht. Dies haben erst kürzlich der Weltklimarat und der Weltbiodiversitätsrat in einem gemeinsamen Papier betont“, erklärt Michael Leukam von der BUND Kreisgruppe Worms.

Gerade beim über Jahrzehnte kontrovers diskutierten Bahndamm Herrnsheim – Abenheim gibt es aus Sicht der Umwelt- und Verkehrsverbände eine tragfähige Alternative.  „Falls es die Witterung erfordert, kann der Wirtschaftsweg durch die Weinberge zur Kreisstraße Osthofen-Herrnsheim und von dort auf dem Radweg nach Herrnsheim genutzt werden. Diese Strecke ist zwar etwas länger, dafür aber durchgängig asphaltiert und landschaftlich ähnlich attraktiv “, so Günter Niederhöfer vom ADFC.

Auch auf dem zweiten Abschnitt von der Querung der Kreisstraße zum Fahrweg und weiter bis zur Ernst-Ludwig-Str. wurde von der Verwaltung eine aus Sicht der Umwelt- und Verkehrsverbände interessante Alternative aufgezeigt:

Neben den wichtigen Aspekten des Klima- und Artenschutzes können  gerade auf diesem Wegeabschnitt Fußgänger und Radfahrer ideal berücksichtigt werden: Wie vom AK Radwege und der Abteilung 6.6. präferiert, kann der frühere Bahndamm zwischen der Kreisstraße  nach Osthofen und dem Fahrweg  und vom Fahrweg bis in die Innenstadt seine klima- und artenschutzverträgliche wassergebundene Oberfläche behalten. Gleichzeitig sollte der parallelverlaufende Zufahrtsweg wasserungebunden allwettertauglich ausgebaut werden und die Radfahrer über die Ernst-Ludwigstraße und Von-Steuben-Straße in die Innenstadt geführt werden. Die oft angeführte Konfliktsituationen zwischen Radfahrern und Fußgängern können damit vermieden werden. Spaziergänger, Wanderer, Jogger und Nordic-Walker nutzen weiter den Bahndamm, Radfahrer den parallel verlaufenden Wirtschaftsweg bis zur Ernst-Ludwigstr. Das leidige Thema Kosten für den Ausbau des Wirtschaftsweges wurde als K.O.- Kriterium von Vertretern der CDU angeführt. Aber: die Kosten fallen zum Großteil auch auf einem zu asphaltierenden Bahndamm an. Hier müsste, wie auch der parallel verlaufende Wirtschaftsweg, gleiches an Vorarbeiten geleistet werden.

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